Nadine Sillus und Florian Bluhm gewinnen die Einzeltitel bei den 74. Westdeutschen Meisterschaften
Nachdem im vergangenen Jahr die Westdeutschen Meisterschaften Corona-bedingt ausfallen mussten, konnten sie am letzten Mai-Wochenende endlich wieder stattfinden. Der TUSEM Essen hatte sich bereit erklärt, das Turnier durchzuführen. Und das ist ihm in hervorragender Weise gelungen. Eine vorbildliche Organisation, gute spielerische Bedingungen und ein ausgezeichnetes Catering waren die Basis für fantastischen Tischtennissport. Kein Zuschauer brauchte sein Kommen zu bereuen.
Bereits im Vorfeld hatte sich abgezeichnet, dass es in diesem Jahr richtig spannend werden würde. Viele der Arrivierten hatten auf eine Teilnahme verzichtet bzw. verzichten müssen. So fehlten bei den Herren etwa Erik Bottroff, Dennis Klein, Gianluca Walther, Björn Helbing, Robin Malessa, Lennart Wehking und Michael Servaty – von den Erstligaspielern ganz zu schweigen. Bei den Damen musste Nadine Bollmeier auf einen Teilnahme verzichten. Doch das Fehlen mancher Stars eröffnete Chancen für insbesondere jüngere Spieler. Und die machten von den ihnen eingeräumten Möglichkeiten ausgiebig Gebrauch.
Herren-Einzel
Bei den Herren war Florian Bluhm vom TTC GW Bad Hamm an Nr. 1 und sein Vereinskollege Gerrit Engemann an Nr. 2 gesetzt. Und beide konnten ihre Setzung bestätigen. Sehr souverän spielten sie sich ins Halbfinale. Während Bluhm dabei keinen einzigen Satz abgab, musste sich Engemann zumindest im Viertelfinale deutlich mehr strecken. André Bertelsmeier, aufstrebendes 16-jähriges Talent aus dem eigenen Verein, machte ihm das Leben zeitweise schwer. Erst nach teilweise hart umkämpften sechs Sätzen konnte sich der Favorit durchsetzen. Doch eine Runde später – im Halbfinale – war auch für Engemann das Turnier zu Ende. Gegen einen wie entfesselt aufspielenden Tobias Hippler vom 1. FC Köln war für Engemann, der sich jüngst gegen eine Profikarriere entschieden hat und deshalb mittlerweile etwas kürzer tritt, kein Kraut gewachsen. Trotz einiger enger Sätze unterlag der Grün-Weiße 0:4.
Im anderen Halbfinale traf Bluhm auf den jungen Dortmunder Kirill Fadeev, der in den vergangenen Monaten in der 2. Bundesliga einige gute Ergebnisse erzielt hatte. Doch gegen den eleganten und klug spielenden Abwehrer Bluhm kam Fadeev überhaupt nicht zurecht. In keinem Satz kam über fünf Punkte hinaus und verlor deutlich mit 0:4.
Im Finale war Tobias Hippler für viele Zuschauer eindeutiger Favorit. Immerhin hatte er die letzten beiden Vergleiche für sich entscheiden können. Der erste Satz bestätigte diese Einschätzung. Mit seinem harten und schnellen Vorhand-Topspin dominierte Hippler das Spiel und gewann sicher mit 11:3. Auch im zweiten Satz beherrschte er zunächst seinen Gegner eindeutig. Doch Bluhm gelang es immer häufiger, den Spielfluss des Kölners zu stören und rettete sich in die Satz-Verlängerung. Dort wogte das Geschehen hin und her, bis Bluhm den Satz – etwas glücklich – mit 22:20 für sich entscheiden konnte. Von diesem Satzverlust erholte sich Hippler nicht mehr. Während Bluhm in seiner Abwehr immer sicherer wurde und auch offensiv regelmäßig punktete, gelang es Hippler nicht mehr, sein offensives Spiel durchzubringen. Mit 5:11, 6:11 und 8:11 musste er die folgenden drei Sätze abgeben und verlor das Spiel letzten Endes recht eindeutig 1:4. Das von den Ballwechsel her attraktivste Spiel des gesamten Turniers hatte mit Florian Bluhm einen würdigen Sieger gefunden. Sehr schade, dass er nach nur einer Saison den TTC GW Bad Hamm wieder verlässt und zu seinem alten Verein NSU Neckarsulm zurückwechselt.
Damen-Einzel
Bei den Damen waren die Titelverteidigerin Anne Sewöster (TuS Bardüttingsdorf-Wallenbrück), Nadine Sillus und Yuki Tsutsui (beide TuS Uentrop) favorisiert. Doch während sich Sewöster und Sillus recht souverän für das Halbfinale qualifizieren konnten, musste Tsutsui in der Runde der letzten Acht eine herbe Enttäuschung hinnehmen. Sie traf auf Luisa Düchting (TTG Langenich), die im März bei den deutschen Einzelmeisterschaften U 15 einen hervorragenden 3. Platz erreicht hatte. Und Düchting bewies, dass sie in der Tat eines der hoffnungsvollsten deutschen Talente ist. Mit ihrer druckvollen Rückhand brachte sie Tsutsui ein ums andere Mal in Verlegenheit. Die Zweitligaspielerin fand kein Mittel, um den Spielfluss Düchtings zu unterbinden. Am Ende hatte die Schülerin mit 4:2-Sätzen gewonnen. Man war gespannt, ob Düchting auch im Halbfinale gegen Anne Sewöster ein ähnlicher Sensation gelingen würde. Und nach vier Sätzen sah es tatsächlich danach aus. Es stand 2:2 und die Titelverteidigerin hat eine 2:0-Führung abgeben müssen. Doch dann zahlte sich die Erfahrung der Favoritin aus. Mit 11:3 und 11:8 gewann sie die folgenden Sätze und damit auch das Spiel recht sicher.
Das andere Spiel der Vorschlussrunde bestritten Nadine Sillus und Hannah Schönau (TTC GW Fritzdorf). Auch Schönau gehört zu den jungen Talenten im WTTV. Sie spielt ihre erste Saison als Erwachsene. Von der Papierform her konnte man ein spannendes und enges Spiel erwarten. Doch an diesem Tag war Sillus einfach zu stark. Schnell gewann sie die ersten drei Sätze mit 11:5, 11:7 und 11:5. Zwar gelang es Schönau den vierten Satz mit 11:5 für sich zu entscheiden, doch im Anschluss daran machte Sillus den Sack mit 11:6 zu und gewann mit 4:1 Sätzen.
Im Finale zeigten die Kontrahentinnen dann das vielleicht beste Spiel des Turniers und begeisterten die Zuschauer. Vier Sätze lang konnte sich keine der beiden Spielerinnen entscheidend absetzen. 9:11, 11:8, 11:7 und 4:11 aus Sicht von Sillus dokumentieren die Ausgeglichenheit des Spiels. Doch mit Beginn des fünften Satzes schienen die Kräfte bei Sewöster ein wenig nachzulassen. Und Sillus nutzte dies gnadenlos aus. Mit 11:3 und 11:7 entschied sie die folgenden beiden Sätze deutlich für sich. Acht Jahre nach ihrem ersten Titel bei den Westdeutschen Meisterschaften gelang es ihr, diesen Erfolg zu wiederholen.
Doppel Damen und Herren
Im Damen-Doppel war eine Paarung eindeutig favorisiert. Anne Sewöster und Nadine Sillus, die Finalistinnen des Einzel, hatten zusammengefunden. Und sie wurden ihrer Favoritenrolle vollauf gerecht. Ohne größere Probleme spielten sie sich ins Finale, wo sie auf Hannah und Charlotte Schönau trafen, die ebenfalls ohne Satzverlust das Finale erreicht hatten. Doch gegen die Top-Gesetzten konnten sie an diesem Tag nichts ausrichten. 11:4, 11:9 und 11:7 sprechen eine deutliche Sprache. Sillus gelang es somit, die Titel im Einzel und Doppel zu gewinnen.
Auch bei den Herren bestätigten die Favoriten, dass sie zurecht die Setzliste anführten. An Nr. 1 waren Tobias Hippler und Pekka Pelz (TTC GW Hamm) aufgestellt. Auf der anderen Seite des Tableaus befand sich Gerrit Engemann mit seinem neuen Mannschaftskollegen Tobias Slanina (TTC Altena). Nachdem Hippler/Pelz die ersten beiden Sätze recht eindeutig gewonnen hatten, wurde die Partie doch noch einmal spannend. Engemann/Slanina gewannen Satz drei mit 11:7 und gaben sich im vierten Satz nur hauchdünn mit 13:15 geschlagen.
Fazit
Im Anschluss an die Veranstaltung zog Turnierleiter Christoph Menges ein zufriedenes Fazit: „Wieder einmal haben die Westdeutschen Meisterschaften viele interessante und spannende Spiele gezeigt. Die Veranstaltung war vom ausrichtenden Verein TUSEM Essen hervorragend organisiert, wofür ich mich noch einmal ausdrücklich bedanken möchte.“ Auch zu den teilnehmenden Spielerinnen und Spielern an den noch im Juni in Saarbrücken stattfindenden Deutschen Meisterschaften äußerte er sich: „Fest steht, dass die Finalteilnehmer Plätze bei den Deutschen sicher haben. Ob weitere Spielerinnen und Spieler aus dem Bereich des WTTV teilnehmen können und welche dies sind, ist noch nicht endgültig entschieden. Das hängt von einem relativ komplizierten Verfahren ab, auf das der WTTV nur bedingt Einfluss hat.“