Winfried Stöckmann wurde auf dem WTTV-Verbandstag für seine langjährige ehrenamtliche Arbeit ausgezeichnet. Dies nahm Sandra Spieler zum Anlass, um mit dem Essener ein ausführliches Interview zu führen.
Herr Stöckmann, Sie waren unter anderem 66 Jahre Pressewart im Kreis Essen und hatten gleichzeitig mehrere Ämter in Ihrem Verein, dem Kreis, Bezirk und Verband inne. Auf dem diesjährigen Verbandstag erhielten Sie für Ihre Verdienste aus den Händen des WTTV-Präsidenten Helmut Joosten die WTTV-Ehrenmitgliedschaft.
Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Natürlich ist das eine ganz besondere Ehre, über die ich mich sehr gefreut habe. Inzwischen sind es jedoch so viele, dass man – wenn auch etwas despektierlich – einen Ausspruch des Regisseurs Billy Wilder zitieren könnte: „Auszeichnungen sind wie Hämorrrhoiden – irgendwann kriegt sie jedes Arschloch.“
Wie es 1953 dazu gekommen, dass Sie Pressewart des Kreises Essen wurden?
Denkbar einfach: Der Posten war vakant, Tischtennis mein Hobby und Sportberichterstattung interessierte mich schon immer. Außerdem waren die Vereine wohl froh, jemanden für diese Aufgabe gefunden zu haben.
Hinzu kam meine Lust zum Schreiben als eigentliche Antriebsfeder, aber auch die Genugtuung, dem zu dieser Zeit stark expandierendem Tischtennissport in der Tagespresse mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen – und daran hat sich bis heute nichts geändert.
Was hat sie all die Jahre an der Öffentlichkeitsarbeit fasziniert?
Meine vorherige Antwort erklärt schon viel über meine Motivation. Der Begriff an sich spielte in dieser Ausprägung aber lange Zeit keine Rolle. Erst die rasante Entwicklung in der Medienlandschaft, die Konkurrenz unter den Sportarten um Quoten und Gelder hat Öffentlichkeitsarbeit als eine besondere, eigenständige Aufgabe geprägt.
Hat sich die Berichterstattung über unsere Sportart im Laufe der Jahre geändert? Wenn ja, wie?
Bis in die späten 1980er-Jahre dominierte noch die „1:0-Berichterstattung“. Auch die praktische Arbeit war eine völlig andere. Die auf der Schreibmaschine erstellten Berichte mussten bei Wind und Wetter zu den Redaktionen gebracht werden, ehe das Faxgerät für die erste Erleichterung sorgte, danach das digitale Zeitalter anbrach und die heute geradezu luxuriöse Arbeitsweise ermöglichte.
Eine gravierende Änderung ist ebenfalls, dass die Länge der früheren Berichte und Artikel heute jeden Redakteur zur Verzweiflung bringen würde.
Ist Ihnen in ihrer langjährigen Tätigkeit ein Bericht, eine Begegnung oder ein Ereignis besonders in Erinnerung geblieben?
Bis vor wenigen Jahren wurde ich gelegentlich noch von (natürlich älteren) Lesern der Tischtennis-Zeitung auf meine von 1970 bis 1978 regelmäßig im damaligen DTS erschienene Kolumne „Erlebt, erlauscht – im WTTV“ angesprochen, die sich vornehmlich damit befasste, was hinter den Kulissen geschah. Sie müsste also Eindruck hinterlassen haben.
Um einmal im Hinblick auf die zwei Jahre später in Dortmund stattfindenden Weltmeisterschaften das gesamte Drumherum hautnah zu erleben, hatte ich 1987 die Titelkämpfe in Neu Delhi besucht. Als Anschauungsunterricht für die WM 1989 taugte das zwar nur wenig, aber Indien war – übrigens zusammen mit Michael Keil (a.d.R. WTTV-Geschäftsführer) – ein besonders eindrucksvolles Erlebnis.
Wenn auch auf gänzlich andere Art und Weise traf das später auf Dortmund zu. Zum einen natürlich, weil Fetzner/Roßkopf sensationell Weltmeister wurden, für mich persönlich aber noch mehr, als Mitarbeiter im Presse-Ausschuss Einblicke in einen organisatorischen Ablauf zu gewinnen, den man heute, dreißig Jahre später, nur noch als vorsintflutlich bezeichnen kann.
Was würden Sie sich für den Tischtennis-Sport wünschen?
Noch zu erleben, dass sich in der von mir 1990 initiierten DTTB-Mannschaftsstatistik das Zahlenwerk wieder positiv entwickeln möge.
Dies erscheint mir aber ebenso unrealistisch wie der fromme Wunsch, dass den vielfältigen Bemühungen des Verbandes um die Vereinsentwicklung und Zukunftsgestaltung mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. Das ist zwar längst nicht alles auf einer langen Liste, jedoch ein Kernproblem, wie es im Tischtennissport weiter geht.
Sie haben sich nicht nur in der Öffentlichkeitsarbeit engagiert, sondern haben auch langjährig andere Ämter ausgeführt, z.B. waren Sie fast 40 Jahre Sportwart und stellvertretener Kreisvorsitzender. Es ist in der heutigen Zeit immer schwieriger, ehrenamtliche Mitarbeiter zu finden. Was muss aus Ihrer Erfahrung geändert werden, damit sich wieder mehr Menschen ehrenamtlich engagieren.
Wenn ich diese Frage nur beantworten könnte? Die Zeiten, die Interessen und der Alltag haben sich in vielerlei Hinsicht gravierend verändert. Aus eigener Erfahrung kann ich aber sagen: Ein Ehrenamt lohnt sich – denn was sollte ich wohl mit meiner „Altersfreizeit“ sonst anfangen???
Herr Stöckmann, vielen Dank für das Interview. Wir wünschen Ihnen für die Zukunft alles Gute!