Andre Bertelsmeier sorgt bei Tischtennis-EM in Linz für Aufsehen

Der 19-jährige Andre Bertelsmeier hat bei der Tischtennis-Europameisterschaft in Linz eindrucksvoll bewiesen, dass er zu den aufstrebenden Talenten im europäischen Tischtennis gehört. Nachdem er die Qualifikation erfolgreich meisterte, setzte er sich in der Hauptrunde gegen den Franzosen Bardet und den Rumänen Ionescu durch – zwei renommierte Spitzenspieler.

Im Achtelfinale traf Andre auf den Olympia-Dritten Felix Lebrun und lieferte einen packenden Schlagabtausch, mit einem spektakulären Ball hinter dem Rücken zum Satzgewinn. Auch im Doppel mit Fan Bo Meng sowie im Mixed an der Seite von Mia Griesel erreichte er das Achtelfinale.

Mit spektakulären Punkten und unermüdlichem Kampfgeist verzauberte Andre das Publikum in Linz und avancierte zum Publikumsliebling. Sein Auftritt bei der EM markiert einen weiteren Meilenstein in seiner vielversprechenden Karriere.

Alle Foto: ETTU/DTTB (MS)

 

Wir haben Andre nach seiner Rückkehr aus Linz nach seinem persönlichen Fazit gefragt:

„Es war ein sehr, sehr schönes Turnier. Es war ein sehr schönes Erlebnis. Ich hätte vor dem Turnier nicht denken oder träumen können, dass ich so weit komme. Ich habe es auf jeden Fall nicht erwartet. Ich bin eigentlich eher mit dem Ziel ins Turnier gegangen, von Spiel zu Spiel zu schauen. Das habe ich dann auch gemacht. In der Qualifikation war ich noch sehr nervös und vielleicht noch nicht bei 100% meines Spielniveaus, aber das hat sich dann im Hauptfeld komplett geändert, weil ich gefühlt noch weniger Druck hatte als in der Qualifikation. Ich war einfach irgendwann nicht mehr nervös und habe nur noch genossen, dass ich bei der Europameisterschaft bin und dass ich spielen kann. Dann habe ich unglaublich gutes Tischtennis gespielt. Ich habe mein bestes Tischtennis gespielt, das ich zu diesem Zeitpunkt spielen kann.

Ich habe den Franzosen Bardet etwas geärgert, nachdem ich im sechsten Satz sechs Matchbälle vergeben habe. Ich habe dann den Satz nach Rückstand doch noch gewonnen. Das war ein sehr langes Marathon-Spiel, da habe ich auch mit etwas Glück gewonnen. Aber im Endeffekt bin ich sehr glücklich über meine Performance. Gegen Felix war es auch ein gutes Spiel. Ich habe mich gut verkauft, konnte ihn ein bisschen ärgern und ins Schwitzen bringen. Darauf bin ich sehr stolz, dass ich das geschafft habe und meine Leistung von den vorherigen Spielen noch einmal bestätigen konnte.

Ich bin auch im Doppel und im Mixed ins Achtelfinale gekommen, was ebenfalls eine sehr gute Leistung war. Fan Bo und ich haben sehr gut harmoniert. Ich glaube, darauf kann man auf jeden Fall aufbauen.

Dass wir im Mixed so weit gekommen sind, ist ebenfalls ein Erfolg. Wir hatten eine schwere Auslosung und schon in der Qualifikation sehr starke Gegner. Das hat uns aber irgendwie geholfen, weil wir, nachdem wir diese überwunden hatten, auch in der ersten Hauptrunde noch ein gutes Gefühl hatten.

Im Endeffekt war es ein wunderschönes Erlebnis, das ich in Linz hatte. Ich werde auf jeden Fall viel mitnehmen, viel lernen und bin sehr glücklich damit.“

 

Auch WTTV-Cheftrainer Stephan Schulte-Kellinghaus, bei dem Andre als kleiner Junge im Stützpunkt angefangen hat, war sehr beeindruckt von dem Auftreten des Kölner Zweitligaspielers, hebt aber auch die Medaillen von Nina Mittelham und Benedikt Duda hervor, die beide als Kinder und Jugendliche das Stützpunkt- und Lehrgangssystem des WTTV durchlaufen haben:

„Im Februar saß ich mit Dustin Gesinghaus und Dirk Wagner zusammen und wir haben haben uns diebisch darüber gefreut, dass Andre in Linz bei der EM starten darf und waren dabei schon über den dritten Platz bei der U21 EM, der ihm den Startplatz gesichert hatte, verwundert. Damals hatten wir gedacht, dass Andre dort die ein oder andere Erfahrung machen könnte, aber sicherlich kaum eine Chance auf einen Einzelsieg haben dürfte. Aber danach passierten halt einige Dinge, die man nicht ahnen konnte. Andre hat sich in den letzten Monaten schnell entwickelt, konnte WTT Turniere gewinnen, sogar einen „Star-Contender“ und er hatte auch in der zweiten Bundesliga schon sehr gute Resultate.

Noch im Juni war er bei der Einzel DM gegen Ricardo Walther recht chancenlos, weil er einfach noch nicht die Klasse hatte, sich auf diesem Niveau zu messen.
Jetzt in Linz zeigte Andre wieder einmal, wie schnell er lernt. Der Gewinn seiner Qualifikationsgruppe konnte man noch erhoffen, auch den Sieg gegen LIMONOV im Qualifikations-KO-Match. Die Ergebnisse in der Hauptrunde hatte ich ihm in der Form noch nicht zugetraut. Nun gut, der Sieg gegen den Franzosen BARDET war möglich, aber sehr hart erkämpft. Im Spiel gegen IONESCU konnte man Andre eigentlich keinen Sieg zutrauen. Aber er hat halt gespielt, wie er ist: frech, selbstbewusst, mutig – dabei hat er sich sehr schnell bewegt und konnte gerade mit der Rückhand mit vielen parallelen Bällen punkten.

Natürlich war auch nicht zu erwarten, dass er gegen Felix LEBRUN schon so gut mithalten konnte. Auch der Schlag zum Satzgewinn hinter dem Rücken, der noch einige Tage und vielleicht Wochen durch die sozialen Medien gehen wird, ist typisch Andre. Ihm fällt halt immer noch was ein, er versucht etwas, er gibt nicht auf und glaubt selbst, wenn er Goliath vor sich hat, noch daran, dass es eine Chance gibt.

Natürlich habe gerade ich mich sehr für Andre gefreut, hat er doch 2014 seine ersten Schritte im Landesstützpunkt Herne (danach Kaiserau) unter meiner Leitung gemacht hat. Andre hat es nie gestört, dass viele Kollegen ihm eine solch positive Entwicklung zutrauen, er hat einfach Bock drauf, sich in jedem Training voll anzustrengen und lern- und wissbegierig alles aufzusaugen, was ihm angeboten wird. Andre hat eine sehr gute koordinative und allgemein körperliche Ausbildung bekommen, die ihn so gut und schnell bewegen lässt, wie er es derzeit tut und die auch diese technische Entwicklung ermöglicht.

Stephan und Andre bei den TT-Finals in Erfurt. Foto: Jörg Fuhrmann

 

Auch wenn in den nächsten Tagen noch einiger Wirbel um Andre herrschen wird, so bin ich mir sicher, dass er auf dem Boden bleiben wird und sein Ziel, im Profitischtennis anzukommen weiterhin verfolgen wird. Mehr als die Erfolge (und den Schlag hinterm Rücken) freut mich, dass Andre durch die EM in Linz das Gefühl bekommen hat, dass er eine echte Chance hat, in Deutschland zukünftig zur Herren Nationalmannschaft aufschließen zu können.

All diese Erfolge haben aber unbedingt und unmittelbar auch mit Dustin Gesinghaus zu tun, der in der Zeit der ersten Schritte von Andre auch seine ersten Trainererfahrungen im WTTV machen konnte. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie er und Andre vor dem DTTB Jugend15 Top12 in 2020 von allen Gegner Videoanalysen gemacht haben. Trotz bester Vorbereitung ging das Turnier damals mit Platz 10 einigermaßen in die Hose. Aber wie Andre hat auch Dustin immer den Glauben an diese tolle Entwicklung gehabt. Im Grunde haben sich beide parallel zum Hochleistungssport mit entwickelt und Schritt für Schritt diese Entwicklung gemacht und vor allem auch jeden Rückschlag als Chance begriffen, daraus zu lernen und Analysen zu erstellen, die die nächste Entwicklung einleiten konnte.

Für mich ist es eine große Freude, die Entwicklung von Andre UND Dustin so zu sehen und macht mich auch ein klein wenig stolz, dies an der ein oder anderen Stelle unterstützt zu haben.

Aus WTTV Sicht sollten wir aber nicht vergessen, dass mit Nina Mittelham auch ein „WTTV-Kind“ nach einer bei den olympischen Spielen in Paris erlittenen Rückenverletzung, eine Bronzemedaille aus Linz mitgebracht zu haben. Zudem stand auch mit Benedikt Duda ein WTTVler, der das Stützpunkt- und Lehrgangssystem des WTTV durchlaufen hat, auf dem Treppchen.“

 

Herzlichen Glückwunsch Benedikt Duda, Nina Mittelham und Dimitri Ovtcharov. Foto: DTTB (Manfred Schillings)

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner