Wo ist Wladyslawowo? Diese Frage stellten sich die Schiedsrichter, als der Name erstmals im Einsatzplan auftauchte. Ana Beja-Pütz berichtet von einer abenteuerlichen Tour: „Fünf von uns wollten es genauer wissen und reisten zu den ITTF Polish Junior & Cadet Open 2018 auf der World Tour. Dabei waren wir bei Organisation und Finanzierung der Anreise auf uns allein gestellt. So kamen auch Bahn, Flugzeug und Auto zum Einsatz. Den ersten Schreck gab es jedoch schon vor Beginn der Reise, als für drei der fünf Ehrenamtlichen mit blauen Jackett und khakifarbenden Hose der Flug 14 Stunden vor Reisebeginn annulliert wurde.
Dank analoger Technik in der digitalen Welt wurde schnell und unbürokratisch ein alternativer Flug von Düsseldorf mit Zwischenstopp in Kopenhagen organisiert. In Kopenhagen angekommen mussten wir feststellen, dass nicht nur die Deutsche Bahn Schwierigkeiten mit der Klimaanlage hat, sondern auch renommierte Fluggesellschaften. Statt der kleinen Meerjungfrau wurde die Startbahn transpirierend bewundert.
Trotz des Vorfalls kam erste Vorfreude schon im Flieger auf, weil die belgische Delegation ebenfalls an Bord war. In Danzig gelandet, wurden wir freundlich vom polnischen Verband in Empfang genommen. Die ersten polnischen Worte waren schnell gelernt und ausgetauscht. Es ging dann mit dem Bus weiter. Eine Stunde später konnten wir das Meereswasser der Ostsee riechen. Władysławowo ist ein kleiner Ferienort an der Danziger Bucht.
Zu dieser Jahreszeit ist es dort noch ziemlich ruhig und beschaulich. Die Hoteliers und Restaurantbesitzer waren noch dabei, ihre Einrichtungen für die Hauptsaison auf Vordermann zu bringen. Selbst das 8D-Kino sah noch ziemlich verschlafen aus. Petrus war hingegen schon hellwach: Fünf Tage strahlender Sonnerschein bei angenehmen 20-23 Grad sorgten für gute Laune.
Genauso traumhaft war der Ostseestrand. Er lud zur Erholung während der Einsätze am Tisch ein, da das Olympic Center CETNIEWO als Veranstaltungsort und Hotel einen eigenen Zugang hatte. Aber Vorsicht: Wildschweingefahr! Aber die einzigen Wildschweine, die wir gesehen haben, waren zu Aufschnitt verarbeitet worden. Da sind wir auch schon beim Essen. Es war typisch polnisch. So soll es sein, wenn man schon einen Einsatz im Ausland macht. Schnell waren dann auch die berühmten Salzgurken entdeckt. Nach dem ersten Biss war klar, ob man sie mag oder auch nicht. Keinen Zweifel gab es an den künstlerisch geschwungenen Softeistürmen. An der Unterkunft gab es nichts zu meckern: funktionell und sauber.
Vielleicht lag es daran, dass diese Veranstaltung in die Kategorie „Premium Event“ fällt. Dem Aufruf sind nämlich 303 Spieler/innen aus 37 Nationen gefolgt. Vor allem Asien war stark vertreten. International ging es auch auf Schiedsrichterseite zu. Insgesamt zwanzig Unparteiische aus zehn Ländern sind der Einladung gefolgt. Deutsche Schiedsrichter/innen genießen im Ausland auch das Prädikat „Premium“, so dass wir häufig in den Genuss kamen, einen VIP-Platz bei den Finalspielen zu erhalten. Farbenfroh durchgegriffen werden musste zum Glück nur selten.
Der Einsatzplan („Schedule“) gab es leider nicht für jeden Schiedsrichter her, einen Kurztrip mit dem Zug nach Danzig zu machen. Wer die Gelegenheit jedoch hatte, ergriff sie auch und ließ sich von der pittoresken Altstadt und den zahlreichen Bernsteinläden inspirieren. Der Unterschied zwischen „Plattform“ und „Gleis“ auf einem Bahnsteig blieb uns jedoch bis zum Schluss ein Rätsel, was beim Lesen von Fahrplänen zu Falten auf der Stirn führte.
Die fünf Tage in Polen waren ehrenamtlicher Einsatz für den Tischtennissport bei heißumkämpften Ballwechseln hinter dem Ostseestrand von Władysławowo. Am vorletzten Tag hat der polnische Fußballverband unerwartet für die Einstimmung auf das nächste Großereignis gesorgt. Die Nationalmannschaft trug auf dem Sportgelände ein Freundschaftsspiel aus mit Selfie-Garantie.
Unser Aufenthalt wurde um ein paar Stunden verlängert, weil die Flugmaschine aufgrund eines Unwetters über Frankfurt verspätet von aus Danzig aus startete. So erlebten wir zu guter Letzt ein Gewitter über „Mainhattan“, und auch die Rückreise endete wie schon die Anreise mit einer ausgefallenen Klimaanlage, dieses Mal im ICE nach Düsseldorf. Die Schiedsrichter, die direkt mit der Bahn oder mit dem Auto unterwegs waren, waren „in time“ zurück. Ana Beja-Pütz